Barrierefreies Webdesign ist in Deutschland noch immer nicht Standard
In diesem Artikel erfahren Sie, warum barrierefreies Webdesign in Deutschland noch immer nicht Standard ist und warum das so langsam peinlich wird.
Barrierefreies Webdesign – Was ist das?
Barrierefreies Webdesign bedeutet, dass eine Webseite so gestaltet ist, dass sie von ALLEN Menschen, auch von Menschen mit körperlichen Einschränkungen, bedient werden kann.
Zielgruppe
Die Zielgruppe für digitale Barrierefreiheit sind Menschen mit Behinderungen und Menschen mit anderen körperlichen Einschränkungen. Senioren sind ebenso Zielgruppe.
Laut statistischem Bundesamt gibt es in Deutschland 9,6 Millionen Menschen mit Behinderungen. Auf der Webseite statista kann nachgelesen werden, dass es 17 Millionen Senioren in Deutschland gibt. Die Zielgruppe für barrierefreies Webdesign ist größer, als es viele Webdesigner und Webentwickler vermuten.
Das Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen
Seit 1. Mai 2002 gibt es ein Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.
In § 12 Barrierefreie Informationstechnik werden Träger öffentlicher Gewalt dazu verpflichtet, Webseiten, Programme und Apps barrierefrei zu entwickeln. Das war die Geburtsstunde des barrierefreien Webdesigns.
Barrierefreies Webdesign – Richtlinien
Es werden Richtlinien benötigt, um zu beurteilen, ob eine Website nach den Grundlagen des barrierefreien Webdesigns erstellt wurde. So existieren internationale und nationale (also für Deutschland geltende) Richtlinien für Webseiten.
- International gelten die Web Content Accessibility Guidelines wcag 2
- In Deutschland gilt die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz
Wenn ich eine Webseite z. B. aus Österreich frei von Barrieren machen soll, wende ich die WCAG 2 an. Bei Seiten aus Deutschland die BITV 2.0 . Barrierefreies Webdesign gibt es also national und international.
Warum barrierefreies Webdesign jetzt Standard werden sollte
Deutschland ist in Sachen Rücksicht nehmen alles andere als ein Vorbild. Träger öffentlicher Gewalt (zum Beispiel Kommunen, Landkreise, Polizei) sind per Gleichstellungsgesetz für Behinderte zu barrierefreiem Webdesign verpflichtet.
In der Praxis sieht es oft so aus, dass die Träger öffentlicher Gewalt, wie zum Beispiel in Reutlingen die Stadtverwaltung oder das Landratsamt, das barrierefreie Webdesign nicht umsetzen, weil es zu viel Geld kostet. Eigentlich eine völlig unsinnige Sache. Der eine Teil vom Staat, die Regierung, erlässt ein Gesetz, und der andere Teil vom Staat, die Träger öffentlicher Gewalt, setzen es nicht um.
Ich bin davon überzeugt, dass die Zahl der körperlich eingeschränkten Menschen steigen wird. Dadurch, dass die Medizin immer besser wird, können ältere Menschen mit körperlichen Einschränkungen länger leben. Ich bin der Meinung, dass es sich Unternehmen nicht leisten können, diesen immer größer werdenden Personenkreis zu vernachlässigen.
Im Gegensatz zu Amerika haben Menschen mit Behinderungen hier in Deutschland kein Klagerecht. Wenn die Stadtverwaltung Reutlingen ihre Webseite nicht barrierefrei macht, habe ich als Mensch mit Behinderung kein Klagerecht. Außer Briefe zu schreiben und auf den Missstand hinzuweisen kann ich nichts dagegen tun.
Die Unternehmen sind per Gleichstellungsgesetz für Behinderte nicht dazu verpflichtet, Webseiten barrierefrei zu gestalten. Oft wird als Ausrede benutzt, dass die Zielgruppe zu klein ist. Dass dies ein Irrtum ist, können Sie im Abschnitt „Zielgruppe“ nachlesen.
Auf Youtube habe ich ein Interview gefunden von Tim Cook, Chef von Apple. Es heißt „Conversation about Accessibility w/ Tim Cook of Apple ׀ #GAAD“. In diesem Video sagt er folgendes: Wir glauben ganz fest daran, dass Barrierefreiheit ein Menschenrecht ist.
Liebe deutsche IT-Unternehmen, was haltet Ihr davon, wenn wir das zu unserem Leitsatz machen? Ich finde, den deutschen IT-Unternehmen würde es sehr gut stehen, nicht immer nur über Geld, sondern auch mal über Menschenrechte nachzudenken. Ganz generell empfehle ich jedem, der englisch kann, sich oben genanntes Video ganz anzuschauen.
Ich, Markus Lemcke, bin davon überzeugt, dass, wenn es in Deutschland mehr Unternehmen gibt, für die Barrierefreiheit auch ein Menschenrecht ist, dies unserem Land sehr guttun würde.
Was mir ebenfalls im Interview von Tim Cook gefällt ist, dass er deutlich betont, dass es für Apple wichtig ist, dass ALLE Menschen ihre Produkte nutzen können.
Lassen Sie uns anfangen, liebe Web-Entwickler und Webdesigner, und helfen Sie bitte mit, dass barrierefreies Webdesign zum Standard wird in GANZ DEUTSCHLAND!!!
Autor: Markus Lemcke
Webseite: Barrierefreies Webdesign und Webdesign Reutlingen – zugänglich und barrierefrei